Ich wollte nie selbständig sein!
Meine Eltern hatten eine Kfz-Werkstatt und ich habe als Kind einfach gesehen, was da alles dranhängt. Es gab keine Familien-Urlaube, ich musste ins Halbinternat (ich hab’s gehasst!) und das Thema „Firma“ war omnipräsent.
Aber der Vergleich mit meiner heutigen Selbständigkeit hinkt natürlich ganz gewaltig.
Ich habe keine Angestellten, muss keine Miete zahlen, keine teuren Maschinen anschaffen und obwohl im Online-Business die Vorleistung wichtig ist, steckt meistens nur Zeit drinnen, aber kein Kapital.
Jetzt könntest du denken, dass es durch den Wegfall all dieser Investitionen ganz easy-peasy ist, mental stark zu sein und das Thema psychische Gesundheit im Online-Business gar keines ist.
Allerdings spielen hier ganz andere Faktoren eine Rolle.
Darum geht's hier:
Warum gerade im Online-Business?
Die meisten meiner KundInnen sind EinzelunternehmerInnen. Und genau das (und das „online“ im Online-Business) bringt allerdings Faktoren mit, die es umso wichtiger machen, warum du deine psychische Gesundheit fördern und darauf achten solltest.
- Du bist wahrscheinlich mit deinem Business alleine auf weiter Flur, zumindest was deine Familie und deinen Freundeskreis angeht.
- Das Internet macht es dir leicht, dich mit anderen zu vergleichen.
- Das Home-Office führt dazu, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen (oder gar nicht mehr existieren).
- Niemand sagt dir, was wichtig ist, auf der anderen Seite sagt dir jeder etwas anderes, was wichtig ist.
- Es gibt 1000 Möglichkeiten. Entscheidungen zu treffen, stresst, je mehr Möglichkeiten es gibt.
Du siehst also, es sind keine hohen monetären Kosten, die dir aufs Gemüt drücken können, sondern viel subtilere Einflüsse, warum du deine psychische Gesundheit stärken solltest.
Mit diesen 7 Tipps fahre ich inzwischen sehr gut und plumpse nur mehr selten in emotionale Löcher. Und ich hoffe, dass sie auch dir helfen werden!
Die Podcast-Episode zum Artikel
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Lass deine Konkurrenz links liegen
Ich finde, es ist eine Augenauswischerei, nur ein anderes Wort für „Konkurrenz“ zu verwenden. Egal, ob du sie Mitbewerber oder Marktbegleiter nennst, sie sind da.
Diejenigen, die bereits mit demselben Thema wie du länger am Markt sind, diejenigen, die in deinen Augen „erfolgreicher“, „größer“ oder „besser“ sind.
Machen wir uns nichts vor, es gibt sie (auch wenn du natürlich als Mensch einzigartig bist).
Und natürlich habe ich zu Beginn meines Online-Business geschaut, wen es am Markt gibt, was sie machen – und hab‘ mir sofort gedacht: „Das schaffst du nie.“
Darum habe ich rasch wieder damit aufgehört.
Erst vor kurzem habe ich bei einer Kollegin gelesen, dass sie sich eine Liste ihrer KonkurrentInnen erstellt hat, um sie zu beobachten. Und mein erster Impuls war:
„Warum tut sie sich das an??„.
Weil es mir für meine psychische Gesundheit absolut nicht guttut, ständig zu schauen, was andere machen (oder nicht machen). Egal, ob sie im selben Thema oder einem anderen sind.
Vergleiche dich nicht mit anderen. Und unterscheide bitte zwischen Inspiration holen und „muss ich auch machen, sonst …“.
Regelmäßige Arbeitszeiten
„Die Geister, die ich rief …“ heißt es oftmals in der Selbständigkeit.
Die Geister sind unter anderem die viel gerühmte Freiheit, die Vorstellung, zu arbeiten, „wann und wo du willst“.
Das führt in vielen Fällen zu „immer arbeiten“ oder dazu, sich zu verkriechen und gar nichts mehr zu machen, wenn es gefühlt zu viel wird.
Die Struktur, die du früher in der Anstellung oder der Schule verteufelt hattest, gibt dir aber auch etwas, woran du dich einerseits festhalten kannst, dir andererseits aber auch erst das Gefühl „fertig“ oder „hab‘ ich geschafft“ vermittelt.
Denn eines ist im Online-Business sicher: Du bist nie fertig! Es sei denn, du bestimmst den Zeitpunkt selbst.
Das war für mich einer der Mindshifts, die dafür gesorgt haben, dass ich wesentlich zufriedener und gelassener durch meine Selbständigkeit gehe. Fertig werden ist wichtig für dein Selbstbewusstsein im Online-Business!
Sorge in deiner Wochenplanung für fixe Arbeitszeiten. Was du innerhalb dieser Stunden schaffst, ist ein Erfolg.
Der Rest läuft dir nicht davon.
Fokus auf das, was du beeinflussen kannst
Was macht uns eigentlich Stress?
Meistens ist es nicht die Menge an Aufgaben oder deren Komplexität, sondern wenn du eigentlich nichts tun kannst, um etwas zu verändern. Oder wenn du das Ergebnis nicht wirklich beeinflussen kannst.
Ja, natürlich macht mir die derzeitige Situation Angst.
Wenn ich es zulasse.
Wenn ich darüber nachdenke, was alles Schlimmes passieren könnte, womit meine Kinder in Zukunft umgehen werden müssen, dann werden meine Gedanken dunkel und meine Stimmung fällt auf den Tiefpunkt.
Dann frage ich mich auch, ob es überhaupt sinnvoll (und vertretbar) ist, was ich in meinem Business tue.
Allerdings hilft das niemandem weiter und verändert den Zustand, in dem sich unsere Welt befindet, nicht.
Besonders gespürt habe ich das am Anfang des Jahres 2021 (hier in meinem Jahresrückblick 2021 habe ich diesen wilden Ritt beschrieben), als Corona unsere Familie erwischt hatte. Im ersten Moment wollte ich alles hinwerfen und mich den Ängsten hingeben.
Allerdings hätte auch das niemandem geholfen, also hab‘ ich mich auf das konzentriert, was ich beeinflussen konnte. Mein Business.
Vor kurzem habe ich mit einer Kundin gesprochen, der dieser Krieg in der Ukraine psychisch sehr zusetzt. Eben aus dem Gefühl der Ohnmacht heraus. Sie war wie gelähmt und hat keinen geraden Gedanken an ihr Business in ihren Kopf bekommen.
Ich habe ihr geraten, aktiv zu werden. Ob es nun eine Geldspende ist, oder ob sie lieber in ein Sammel-Verteil-Zentrum geht und dort mitarbeitet, ist völlig egal.
Hauptsache, sie kommt aus der passiven Angst und Ohnmacht ins aktive Tun!
Wenn du dich ohnmächtig fühlst, dann konzentriere dich auf etwas, was du aktiv TUN kannst.
Alles dauert länger, als du denkst
Das ist fast Gesetz im Online-Business.
Denn die Technik ist oft nicht einschätzbar, spielt oft genau dann nicht mit, wenn du eh schon in Zeitnot bist und gerade im Online-Business hast du so viele Möglichkeiten, dass du oft etwas zum ersten Mal machen wirst.
Und damit kannst du natürlich deinen Zeitaufwand nicht objektiv einschätzen.
Das wäre ja an sich nichts Schlimmes, wenn dir das bewusst wäre und du daher auch dementsprechend reagieren würdest, wenn es oft länger dauert, als du eingeplant hattest.
Ungesund wird’s erst, wenn du dir trotzdem jedes Mal wieder ein schlechtes Gewissen machst oder dich innerlich herunterputzt, weil du dich nicht an deine Planung „gehalten“ hast.
Du weißt, dass es meistens länger dauert als geplant. Also plane dir entweder mehr Zeit ein, oder akzeptiere, dass es so ist.
Was geht, das geht. Was nicht, das nicht
Damit schließe ich eigentlich an die fixen Arbeitszeiten an.
Eine oft gestellte Frage ist nämlich: „Claudia, was machst du, wenn du am Abend nicht alles erledigt hast? Hörst du dann einfach auf?„.
Ja.
Ich höre auf zu arbeiten, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass mir nichts davonläuft.
Die Mail geht einen Tag später raus?
Du postest nur die Hälfte der Inhalte auf Social-Media, wie du vorhattest?
Du schaffst es nicht, den Blogartikel pünktlich zu veröffentlichen?
Beobachte doch einmal die Konsequenz daraus: Gibt es überhaupt eine? Meistens nicht. Denn du bist die/der Einzige mit dieser Erwartung an dich. Allen anderen fällt das nicht auf …
Was nicht geht, das geht eben nicht!
Das mag ein sehr pragmatischer Ansatz sein, bei dem dein innerer Perfektionist schmerzvoll aufheult. Aber er ist gesund!
NICHTS im Online-Business läuft dir davon. Ideen werden nicht schimmlig, wenn du sie liegenlasst, und morgen ist auch noch ein Tag.
Was ist das Schlimmste, was passieren könnte?
Ich sehe mich immer noch mit meiner Freundin vor einem Kaffeehaus im 3. Bezirk in Wien stehen.
Ich völlig entnervt und sorgenvoll, dass mein Launch schiefgehen wird, dass keiner buchen wird, dass … ooooh, Katastrophe!
Und sie macht mir mit zwei Sätzen klar, in welchem Drama ich stecke:
Sie: „Was ist das Schlimmste, was passieren könnte?“
Ich: „Dass keiner bucht.“ (Der Puls geht hoch ….)
Sie: „Und wirst du das überleben? Oder musst du unter die Brücke übersiedeln?“
Ich: „…“ (Der Puls beruhigt sich).
Wie schon im letzten Tipp: Raus aus dem Drama.
Mach dir bewusst, dass es nur deine eigenen Erwartungen (und Gedanken) sind, mit denen du dafür sorgst, dass es dir nicht gut geht!
Wenn etwas nicht so klappt, wie du es dir vorstellst: Du bist danach derselbe wunderbare, einzigartige Mensch, wie vorher.
Es hat nichts mit dir als Person zu tun.
Lass los, auch wenn’s funktioniert
Du liest wahrscheinlich oft den Tipp, dass du von dem, was funktioniert, mehr machen sollst. Und der ist gut, versteh‘ mich bitte nicht falsch.
Aber was passiert, wenn es viele Angebote, Kurse, Ideen, usw. in deinem Business gibt, die gut funktionieren?
Dann heißt es wohl aussortieren, wenn du dir deine psychische Gesundheit erhalten möchtest. Auch wenn’s manchmal wehtut.
Um mir solche Entscheidungen zu erleichtern, führe ich eine Tabelle, in der ich in jedem Monat kumuliert Folgendes erfasse:
- Mein Angebot
- Der kumulierte Zeitaufwand seit Start des Programms.
- Diesen Zeitaufwand multipliziere ich mit meinem internen Stundensatz.
- Und stelle ihn dem erzielten Umsatz gegenüber.
Daraus sehe ich auf einen Blick, bei welchem Angebot mehr oder weniger übrigbleibt.
Das ist natürlich nicht der alleinige Entscheidungs-Faktor, aber gerade, wenn du deine Überlastung spürst oder in Zeitnot kommst, kann es den Ausschlag geben, ob du ein Angebot weiterführst, veränderst oder loslasst.
Nicht alles, was gut funktioniert (also Umsatz bringt), musst du weiterführen!
Unterm Strich
Alles, was dazu führt, dass du gelassener mit deinen Aufgaben im Online-Business umgehst, solltest du kultivieren.
Und alles, was dazu führt, dass du dich in ungesunde Gedankenwelten vertiefst, solltest du tunlichst vermeiden.
Ich weiß, das sagt sich jetzt so leicht. Aber geh‘ das bitte unbedingt an, bevor du deine psychische Gesundheit aufs Spiel setzt!
Denn nur, wenn es dir gut geht, geht es auch allen anderen gut. Deiner Familie genauso wie deinen KundInnen.
PPS: Und nicht vergessen: Bleib neugierig!
Liebe Claudia,
danke für deine wunderbaren Tipps! Da darf ich mich auch immer wieder selbst „an der Nase fassen“ und sie umsetzen.
Besonders den Tipp „Was geht, das geht. Was nicht, das nicht.“ darf ich noch kräftig üben.
Das hängt natürlich mit meiner Zeitplanung zusammen und damit, dass ich Scannerin bin und ich somit immer mehr als ein Projekt am Laufen habe :-)
Für mich steckt auch das Nein-Sagen ein bisschen in diesem Satz drin – also ich kann so viele Projekte annehmen, wie meine Zeit es zulässt – aber nicht mehr.
Danke für die tollen Impulse!
Herzlichst,
Sara
Liebe Sara,
ja, da haben es die „Neugierigen“ sicher schwerer, sich auf eine oder wenige Projekte zu konzentrieren! Obwohl ich mich nicht als Scanner bezeichnen würde, musste ich das auch erst lernen. Und manchmal tut’s echt weh, ein Projekt liegenzulassen oder nein zu sagen.
Aber noch mehr weh tut es halt, wenn man in der Überforderung steckt …
Ich danke dir für die tolle Blogparade!
Sonnige Grüße
Claudia
Liebe Claudia,
Herzlichen Dank für Deinen Beitrag, der mich gerad so total abholt und meinem Gehirnkästchen die Super-Gelegenheit gibt, sich neu und klar zu ordnen.
Begeisterte Grüsse
Noa
Sehr gerne, Noa und danke für deine Zeilen!
Liebe Grüße
Claudia
Großartiger Artikel, den ich mit Freude und Spannung gelesen habe und der mich auch betrifft, da ich ebenfalls ab und an in diese „Fallen“ plumpse. Alos loslassen … morgen ist auch noch ein Tag ;)
Wunderbar, Jeanette! Denn der Spruch „Lebe deinen Tag, als wäre es dein letzter …“ gilt einfach nicht immer und überall!
Liebe Grüße
Claudia